Zur Gewährleistung der langfristigen Sicherheit der geologischen Endlagerung von radioaktivem Abfall sind robuste und wissenschaftlich fundierte Modelle erforderlich. In diesem Zusammenhang untersuchen wir die Unsicherheiten, die durch Entscheidungen beim Entwurf physikalischer (konzeptioneller) Modelle für Endlagersimulationen entstehen, insbesondere im Hinblick auf die Einbeziehung von Thermo-Osmose (TO) in thermo-hydro-mechanische (THM) Prozesse. Die Forschung zielt darauf ab, zwei zentrale Fragen zu beantworten:
Das Projekt verfolgt einen synthetischen, datenbasierten Ansatz, um THM-Prozessmodelle systematisch unter verschiedenen Annahmen und Parameterbereichen zu vergleichen. Zentrale Schritte umfassen:
Zur Bewertung des Einflusses von Annahmen im Prozessmodell, Parameterunsicherheiten und der Einbeziehung von Thermo-Osmose (TO) auf die Vorhersage des thermisch induzierten Porendrucks um wärmeemittierende Endlagerbehälter vergleichen wir systematisch die Leistung vollständig gekoppelter THM-Modelle, vereinfachter Prozessmodelle und deren Erweiterungen mit TO anhand synthetischer Druckkurven, die mit einem reinen THM-Modell generiert wurden. Der Fokus liegt auf der Übereinstimmung der Druckkurven, Fehlerverteilungen und Parameterbereiche, um die Eignung unterschiedlicher Modellierungsansätze zu bewerten und zu untersuchen, ob erhöhte Komplexität die Modellleistung verbessert oder unbegründete Unsicherheiten einführt.
Leistung des vollständig gekoppelten THM-Modells und Auswirkungen der Einführung vereinfachter Prozessmodelle (THuni und THhydr):
Das THM-Modell lieferte durchgehend die genaueste Darstellung der Druckverläufe – ein erwartetes Ergebnis, da es zur Generierung der Referenzdaten verwendet wurde. Es zeigte niedrige Fehlerwerte bei der Historienanpassung, gut eingeschränkte Parameterverteilungen und physikalisch realistische Schätzungen wesentlicher Eigenschaften wie Elastizitätsmodul und Permeabilität. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Wahl eines korrekten (physikalisch begründeten) Komplexitätsgrads zur robusten Vorhersage der Porendruckentwicklung.
Vereinfachte Modelle wie THuni und THhyd zeigten Einschränkungen bei der Erfassung des beobachteten Druckverhaltens. THuni, das uniaxiale Deformation annimmt, lieferte in bestimmten Szenarien vergleichbare Ergebnisse wie das THM-Modell und bestätigt damit seine Eignung als Modell mit reduzierter Komplexität. Im Gegensatz dazu unterschätzte THhyd, das Deformation vernachlässigt, systematisch die Porendrücke und erzeugte größere Parameterunsicherheiten – ein Hinweis auf seine Unzulänglichkeit für komplex gekoppelte Prozesse.
Einfluss der Thermo-Osmose:
Die Einbeziehung von TO in die Prozessmodelle führte zu gemischten Ergebnissen. Bei Integration in das unzureichende THhyd-Modell schien TO in einigen Fällen die Übereinstimmung der Druckkurven zu verbessern; dies beruhte jedoch häufig auf unrealistischen Parameterkombinationen, wie überhöhten TO-Koeffizienten oder physikalisch nicht plausiblen Elastizitätsmodulwerten. Breite Wertebereiche für den TO-Koeffizienten führten zu Ausreißern und erhöhter Unsicherheit, während engere Bereiche diese Probleme abschwächten, die grundsätzlichen Schwächen der vereinfachten Modelle jedoch nicht beheben konnten.
Unsicherheit und Parametersensitivität:
Die Integration von TO in Szenarien, in denen es laut Referenzdaten keine Rolle spielte, zeigte das Risiko der Überanpassung durch Einführung zusätzlicher, physikalisch nicht gerechtfertigter Parameter. Falsche Modelle wie THhyd mit TO wiesen höhere Historienanpassungsfehler und größere Unsicherheiten in den Parameterverteilungen auf. Im Gegensatz dazu zeigten korrekte Modelle (z. B. THM) engere Parameterbereiche und stimmten mit bekannten physikalischen Eigenschaften überein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hinzufügung von TO zwar unter bestimmten Bedingungen die Modellanpassung verbessern kann, jedoch häufig zu erhöhter Unsicherheit und Überanpassung führt, wenn sie ohne ausreichende physikalische Begründung erfolgt. Das vollständig gekoppelte THM-Modell bleibt der verlässlichste Rahmen, da es genaue Vorhersagen und physikalisch sinnvolle Parameterschätzungen liefert. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Auswahl geeigneter Prozessmodelle und der Einschränkung von Parameterbereichen, um robuste Simulationen im Kontext sicherheitsrelevanter Bewertungen von Endlagern für radioaktive Abfälle zu gewährleisten. Für weitere Informationen wird der Leser freundlich auf (Kiszkurno et al. 2025) verwiesen.
Die Kombination aus experimentellen Daten, fortgeschrittener Modellierung und Sensitivitätsanalysen liefert wertvolle Erkenntnisse über die Zuverlässigkeit von THM-Modellen. Dies führt zu unserem vorgeschlagenen Ansatz des versuchsplanbasierten (Design-of-Experiment, DoE) History Matching, um ein robustes Rahmenwerk zur Unsicherheitsquantifizierung für Sicherheitsbewertungen von Endlagern zu schaffen. Die Methode wird anhand eines Fallbeispiels illustriert, bei dem mithilfe der Software OpenGeoSys Messdaten eines Full-Scale Emplacement-Experiments im Mont Terri Underground Research Laboratory abgeglichen werden. Im Rahmen der Studie untersuchen wir, wie sich Unsicherheiten in Materialparametern und Modellannahmen auf die Vorhersage der Temperatur- und Druckentwicklung auswirken.
Der History-Matching-Arbeitsablauf umfasst die folgenden Hauptschritte:
Die Ergebnisse konzentrieren sich auf die Bewertung der Vorhersagegenauigkeit von thermo-hydro-mechanischen (THM) Modellen unter variierenden Annahmen, Parameterunsicherheiten und Graden der mechanischen Kopplung. Die folgenden Beobachtungen wurden gemacht:
Modellgenauigkeit:
Das vollständig gekoppelte TRM-Modell lieferte die genauesten Vorhersagen, insbesondere für Temperaturverläufe, mit nahezu perfekter Übereinstimmung mit den experimentellen Daten. Vereinfachte Modelle wie TRuni zeigten gute Leistungen für Temperaturvorhersagen, hatten jedoch Schwierigkeiten bei der Druckmodellierung aufgrund der vereinfachten mechanischen Kopplung.
Parametereinsichten:
Wichtige Parameter wie Wärmeleitfähigkeit und Permeabilität wurden als entscheidend für die Temperatur- und Druckentwicklung identifiziert. Abweichungen in den Druckvorhersagen weisen jedoch auf mögliche Modelllücken hin, z. B. vernachlässigte Thermo-Osmose-Effekte.
Unsicherheitsreduktion:
Das DoE-basierte History Matching konnte die Parameterbereiche erfolgreich einschränken und zeigt damit die Wirksamkeit des Ansatzes zur Reduktion von Unsicherheit. Verbleibende Diskrepanzen in den Druckvorhersagen deuten jedoch auf einen weiteren Verbesserungsbedarf bei den physikalischen Modellen hin.
Weitere Details zu den Studienergebnissen sind in (Buchwald et al., 2024) zu finden.